Totenzettel
Inschriften:
Rückseite der Fotografie
Karl Loebnitz
i.1ten Weltkrieg
gefallen
Sohn von
Onkel Karl
Loebnitz
Namen des Gefallenen:
1. Weltkrieg
Dienstgrad | Name | Vorname | Geburtsdatum & Ort | Todesdatum & Ort | Einheit | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|---|---|
Leutnant d. Reserve | LOEBNITZ | Karl August Theodor Hermann | 22.07.1891 Peine |
20.07.1918 Faux ? |
Braunschw.Inf.Rgt. Nr.92 | Student an der Universität Freiburg / Breisgau, ledig |
Anmerkung: Eine von mir im Internet erworbene über 100 Jahre alte Fotografie zeigt einen ernst blickenden jungen Mann, der sich dem Betrachter im Anzug, mit Stehkragen und Krawatte präsentiert. Die Haare akkurat gekämmt, hat er die Arme verschränkt. Die Beschriftung auf der Rückseite des Fotos verrät den Namen des Porträtierten und ein Schicksal, das unzählige junge Männer wenige Jahre später auch ereilen sollte: Ein Opfer des Ersten Weltkriegs zu werden. Die Aufnahme entstand wohl um 1910 im damaligen Fotoatelier Alexander Möhlen, das dessen Nachfolger Otto Wittich in der Hildesheimer Almstraße 31 betrieb.
Was kann man noch über den jungen Mann in Erfahrung bringen?
Vor dem Standesbeamten in Peine erschien am 24. Juli 1891 der Kaufmann Carl Loebnitz und teilte mit, dass seine Ehefrau Julie (geborene Pfeiffer) zwei Tage zuvor, und zwar um die Mittagszeit, in der gemeinsamen Wohnung in der Breitestraße 52 einen Knaben zur Welt gebracht habe. Aus welchem Grund auch immer erhielt der Neugeborene noch keinen Namen. Dem Geburtsregister ist zu entnehmen, dass erst am 16. September, also fast zwei Monate später, als Namen Theodor Hermann August Carl eingetragen wurden, wobei als Rufname Carl bestimmt wurde.
Die Familie Loebnitz lebte nur kurze Zeit in Peine, denn der Name des Kaufmanns Karl Loebnitz erscheint lediglich im dortigen Adressbuch von 1893. Weder dessen Vorgängerband vom Jahre 1890 noch dessen Nachfolger aus dem Jahr 1896 führt den Namen Loebnitz bzw. Löbnitz auf. Das Haus, in dem die Familie damals wohnte, gehörte einem Goldschmied, die Familie wohnte also zur Miete. Die Familie war nämlich nach Hildesheim verzogen und in den dortigen Adressbüchern taucht der Name des Kaufmanns Karl Loebnitz als Zigarrenhändler in der Folgezeit beständig auf: Cigarrenhandlung en gros & en detail, Almsstraße 2 (1895 und 1897), man wohnte jetzt in der Linkstraße 4. Das Adressbuch von 1898 weist die Zigarrenhandlung in der Almstraße 15 A, das von 1905 im Erdgeschoss der Marktstraße 25 aus. In den Jahren ab 1912 wohnte die Familie im Twetje 11, später unter verschiedenen Adressen in Hildesheim.
Außer dem Erstgeborenen Karl hatte das Ehepaar noch drei weitere Söhne bekommen: Adolf (geboren am 5. Dezember 1892, wie Karl noch in Peine), Wilhelm (am 5. Juni 1896, Geburtsort nun Hildesheim) und schließlich Herbert (am 26. August 1901). Von Wilhelm ist bekannt, dass er zu Ostern 1913 die Schlussprüfung an der Realschule bestand. Zur Kinderschar gehörte zudem noch die am 12. Juni 1898 zur Welt gekommene („Haus“-) Tochter Helga.
Die erste Erziehung erhielt der Knabe wie üblich im Elternhaus, dann besuchte er in Hildesheim die Bürgerschule und dann das Realgymnasium. Er muss offensichtlich das Abitur erworben haben, denn als solcher wird er in der militärischen Personalakte geführt. In den gedruckten Jahresberichten des Hildesheimer Realgymnasiums in der Zeit von 1908 bis 1913 sucht man seinen Namen allerdings vergeblich, man findet ihn jedoch im Gedenkbuch des heutigen Scharnhorstgymnasiums in Hildesheim, Steingrube 19. Karl Loebnitz war dann offenbar zunächst Apothekerlehrling, danach wechselte er auf die Universität in Freiburg im Breisgau, an der er den Studiengang Pharmazie belegte und auch die Vorprüfung ablegte. Die Eltern wohnten - zumindest während des Ersten Weltkriegs - in der Hildesheimer Mellingerstraße 33 I.
Der bei Beginn der Kampfhandlungen im August 1914 inzwischen 23-jährige Karl war ein Kriegsfreiwilliger „der ersten Stunde“, denn bereits am 15. August 1914 trat er in das Rekrutendepot des I. Ersatzbataillons des 3. Hannoverschen Infanterie-Regiments Nr. 79 mit Standort Hildesheim ein. Nach kurzer Ausbildung rückte er gute drei Wochen später „ins Feld“ zur 11. Kompanie des Reserve-Infanterie Regiments Nr. 215.
In der Schlacht an der Yser wurde er am 22. Oktober 1914 beim belgischen Draeibank durch ein Infanteriegeschoss am linken Unterarm getroffen, was (nach einer Erstbehandlung im Feldlazarett Staden) bis zum 1. Dezember 1914 einen Aufenthalt im Reservelazarett zu Hildesheim zur Folge hatte. Nach dieser ersten Verwundung diente er zunächst in einer Genesendenkompanie und dann ab dem 17. Dezember jenes ersten Kriegsjahres als Sanitätssoldat im Hildesheimer Reservelazarett. Als Sanitätsgefreiter kam er am 8. November 1915 abermals an die Front im Westen.
In der Folgezeit findet man ihn in verschiedenen Einheiten, am 18. August 1915 wurde er zum überzähligen Gefreiten und erst am 14. Juli 1916 nach einem dreimonatigen Lehrkursus für Reserveoffizieraspiranten in Döberitz zum Unteroffizier sowie Reserveoffizieraspiranten ernannt. Aber dann erfolgte einen Monat später, genauer am 17. August, bereits die Ernennung zum Vizefeldwebel. Leutnant der Reserve wurde er am 8. Juni 1918, nur wenige Wochen vor seinem Tod. Man bescheinigte ihm (natürlich) eine sehr gute Führung sowie das Fehlen irgendwelcher Strafen.
Karl Loebnitz, der ganz überwiegend an der Westfront und auch ab der zweiten Jahreshälfte 1916 für nicht allzu lange Zeit in den Karpathen eingesetzt war, erhielt während seiner vierjährigen Dienstzeit das Eiserne Kreuz II. Klasse (1917) und das Verwundetenabzeichen in Schwarz (1918) für zwei Verwundungen: Neben der bereits erwähnten im Herbst 1914 traf ihn am 5. Oktober 1916 beim Stellungskampf in den Karpathen ein Gewehrschuss in die linke Schulter, deshalb kam der Vizefeldwebel zunächst kurz ins Kriegslazarett 127 II Mar. Szigeth (Ungarn) und dann mit einem Hilfslazarettzug für fast zwei Monate (25. Oktober bis 16. Dezember) ins Reservelazarett im sächsischen Glauchau. In seiner Personalakte steht an Orden noch: 27.1.18 Br. V Kr. II. Kl. und 4.4.18 Br V Kr. I Kl. Damit ist offenbar das Braunschweigische Verdienstkreuz gemeint.
Am 20. Juli 1918 fiel der aufgrund seines Alters ledige Reserveoffizier, nun im Braunschweigischen Infanterie-Regiment Nr. 92, bei Faux (oder Taux?), als er durch ein Artilleriegeschoss eine Kopfverletzung erlitt. Er wurde auf dem „Ehrenfriedhof“ Couvrelles (im Département Aisne, Nordfrankreich) bestattet. Seine letzte Ruhe fand er jedoch später laut Auskunft des Volksbundes auf der Kriegsgräberstätte Vauxbuin, Frankreich, die sog. „Endgrablage“ lautet: Block 4, Grab 698. Die französischen Militärbehörden hatten nach Kriegsende einen Sammelfriedhof für die Gefallenen eingerichtet, die in einem Umkreis von bis zu 15 Kilometern in 150 Gemeindebereichen während des Krieges nur eine provisorische Ruhestätte gefunden hatten. Auf diesem Soldatenfriedhof ruhen neben 9.242 deutschen Kriegstoten von 1914/18 auch 4.898 französische und 273 britische Gefallene. Die Mehrzahl der in Vauxbuin Bestatteten war im Laufe der ersten neun Monate des Jahres 1918 gestorben: Bei der deutschen Offensive im Mai 1918 und beim alliierten Gegenangriff mit US-Truppen-Beteiligung im Juli und August. Dabei hatte auch Karl Loebnitz sein Leben verloren.
Wilhelm Loebnitz war übrigens auch Soldat im Ersten Weltkrieg, die Preußische Verlustliste Nr. 847 vom 1. Juni 1917 führt nämlich einen Gefreiten dieses Namens als Schwerverwundeten auf.
Ergänzungen in Rot: u. a. Personalakte GLA Karlsruhe 456 E Nr. 7326; StA Peine, Geburtsregister Nr. 228 vom 24. Juli 1891; StA Hildesheim, Melderegister; Preußische Verlustlisten; Häger, Kriegstotengedenken in Hildesheim, S. 318 (Oststadt).
Datum der Abschrift: 22.10.2023
Verantwortlich für diesen Beitrag: Alfred Hottenträger
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