Mahn-
und Gedenkstätte Jülich, Lager Iktebach
Das Gedenkkreuz im orthodoxen Stil wurde durch die Friedensbewegung
“Pax Christi” aufgestellt und am 31. Oktober 1985 durch Bischof
Longin, den Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche in Deutschland,
eingeweiht. Auf dem Sockel des Kreuzes steht: (...)
Von 1941-1944 bestand hier neben dem damaligen
Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Jülich Süd, heute
Instandsetzungswerk der Bundeswehr, ein Arbeitslager. Männer, Frauen
und Kinder, besonders aus Russland, der Ukraine und Polen, aber auch
aus Belgien waren in dem Lager untergebracht und wurden zum
überwiegenden Teil im RAW, einige in der Landwirtschaft eingesetzt.
Hinzu kamen 1943 für eine kurze Zeit auch zahlreiche Franzosen, die
zuvor bei der Friedrich Krupp GmbH in Essen-Borbeck gearbeitet
hatten.
Niemand weiß, wie viele Menschen zu welcher Zeit im Lager
untergebracht waren. Die Unterlagen gingen bei den Zerstörungen am
Ende des Zweiten Weltkrieges verloren. Für viele Arbeiter war das
Lager in Iktebach nur kurze Zwischenstation, entsprechend hoch war
die Fluktuation.
Ab Mitte 1944 war Jülich zunehmend alliierten Luftangriffen
ausgesetzt. Viele Menschen fanden in der Stadt den Tod und
zahlreiche Gebäude wurden zerstört. So verbrannten am 26. September
1944 vor dem Jülicher Rathaus auf einem Lastkraftwagen russische
Arbeiterinnen. Die Zahl der Getöteten ist nicht bekannt.
Unstrittig ist, dass bei dem schweren Bombenangriff auf das RAW am
29. September 1944 ca. 1500 Menschen im Lager waren. Sie durften
keine Schutzräume aufsuchen und wurden bei der Essensausgabe von dem
Luftangriff überrascht. Zeitzeugen berichten, daß nach dem Angriff
die Baracken in Flammen standen und Männer, Frauen und Kinder
schreiend aus dem Lager durch die zerstörten Stacheldrahtzäune
liefen, verwundet, verstümmelt, teilweise nackt, mit angstverzerrten
Gesichtern. Im Lager selbst ein Bild des Grauens: “Überall lagen
zerfetzte Körperteile, das Stöhnen der Verletzten und Sterbenden war
nicht zu überhören”, so eine Zeitzeugin.
Die Chronik der Stadt Jülich spricht von 120 bis 400 Menschen, die
beim Angriff umgekommen sein sollen. Die genaue Zahl der Opfer des
Bombenangriffs wurde ebenso wenig festgestellt wie die Zahl der
Gefangenen, die den Angriff zur Flucht nutzten oder die anderswohin
verlegt wurden. Eine Lagerregistratur lässt sich in den Archiven
nicht finden. Die Toten wurden in aller Eile in den Bombentrichtern
des Lagers begraben. Nach dem Krieg wurde der Ort mit Pappeln
bepflanzt und geriet bald in Vergessenheit. Über ihren Gräbern hat
die Natur im Laufe vieler Jahre ein Dach der Ruhe geschaffen.
Im Jahre 1985 hat sich die Jülicher Pax Christi Gruppe um Pfarrer
Christian Ahlbach dieses Platzes angenommen und ihn durch ein
Mahnmal gegen das Vergessen als Friedhof kenntlich gemacht.
Der Bildhauer Friedel Denecke gestaltete das Stahlkreuz.
Worte aus der Gedenkstunde zur Erinnerung an die Geschehnisse vor 50
Jahren am 29. September 1994:
“Der
Versuch einer Antwort - das Kreuz.
Der Dialog mit den Toten.
Das Versprechen, sich zu erinnern.
Immer wieder um die Orte menschlichen Leids
und der Erniedrigung zu wissen.
Orientierungen für das eigene Leben.
Damit sich nicht alles wiederholt
und sich der Weg zu einer
neuen Menschlichkeit auftut -
für jeden einzelnen von uns.”
Pax Christi | Gruppe Jülich
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Landesverband NRW Essen
| Stadt Jülich |