Onlineprojekt Gefallenendenkmäler - von Ahnenforschern für Ahnenforscher Onlineprojekt Gefallenendenkmäler - von Ahnenforschern für Ahnenforscher Onlineprojekt Gefallenendenkmäler - von Ahnenforschern für Ahnenforscher














Onlineprojekt Gefallenendenkmäler - von Ahnenforschern für Ahnenforscher

 

 


 

 

Essen-Steele (Wasserturm), Nordrhein-Westfalen

PLZ 45276

Gedenktafel (Ruhraufstand 1920) am Wasserturm Steeler Berg
Hersteller: „Düsseld. Broncebildgiesserei GMBH“

siehe auch:
de.wikipedia.org/wiki/Ruhraufstand
de.wikipedia.org/wiki/Wasserturm_am_Steeler_Berg

Inschriften:

Tafel am Wasserturm:
WASSERTURM STEELER BERG
Der Wasserturm wurde als Hochreservoir 1883 nach Plänen des Aachener Professors Intze erbaut. Er ist aus Schmiedeeisen gefertigt und ruht auf einem 20 m hohen massiven Unterbau. Der Wasserinhalt beträgt 2000 Kubikmeter. Nach Beseitigung der umfangreichen Kriegsschäden wurde der Wasserturm 1949 wieder in Betrieb genommen.
Am 19. März 1920 kam es hier zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen. Auf der einen Seite standen eine Bürgerwehr und die Sicherheitspolizei, die beide den Wasserturm verteidigten. Gegen sie kämpften Trupps der „Roten Armee“, die sich als Antwort auf den Kapp-Putsch gebildet hatte und Essen teilweise besetzte. Neun Verteidiger fielen, zwei weitere starben an ihren tödlichen Verwundungen.

Inschrift Gedenktafel:
IN ERFÜLLUNG
IHRER PFLICHT GETREU
BIS IN DEN TOD FIELEN
IN DEN MÄRZTAGEN
1920
VON DER ESSENER EINWOHNERWEHR
(Namen)
VON DER STAATL. SICHERHEITSPOLIZEI
(Namen)
VON DER STAATL. SCHUTZMANNSCHAFT
(Name)
VON DER ESSENER SICHERHEITSWEHR
(Name)

Hinweistafeln an der Gedenktafel:
Die Ereignisse in Essen und am Wasserturm am 18./19. März 1920.

Am 13. März 1920 marschierten Reichswehrtruppen unter Führung des Generals von Lüttwitz und des Generallandschaftsdirektors Kapp in Berlin ein, um die Weimarer Demokratie zu beseitigen.
Im gesamten Deutschen Reich traten Arbeiter in den Generalstreik und bewaffneten sich, um die demokratischen und sozialen Errungenschaften der Revolution 1918/19 gegen das putschende Militär zu verteidigen. Im westlichen und östlichen Teil des Ruhrgebietes hatten sich mehrere Freikorps den Putschisten angeschlossen. Ihnen traten spontan bewaffnete Arbeiter entgegen, die sich binnen weniger Tage zu einer "Roten Ruhrarmee" formierten. Am Nachmittag des 18. März 1920 marschierten Truppen der "Roten Ruhrarmee", die zuvor an dem Kämpfen gegen das Freikorps Lichtschlag in Dortmund teilgenommen hatten, von Wattenscheid/Gelsenkirchen kommend in die Essener Vororte Katernberg und Stoppenberg ein. Ihr Ziel war Mülheim, Standort des Freikorps Schulz, das von seinem Kommandeur am 14. März auf die Putschregierung Kapp vereidigt worden war.
In der Stadt Essen waren zu jenem Zeitpunkt die Einwohnerwehr und 1100 Mann Sicherheitspolizei (Sipo) unter dem Befehl des Essener Polizeipräsidenten Melcher stationiert. Am 14. März 1920 hatten Vertrauensleute der Sipo öffentlich erklärt: "Eingedenk unseres Treuschwures für die alte Regierung können wir uns nicht auf den Boden der von Berlin ausgerufenen Regierung stellen“. Dennoch erhielt Polizeipräsident Melcher am 18. März 1920 vom Wehrkreiskommandanten Generalleutnant Freiherr von Watter den Befehl, die Stadt Essen gegen die heranrückenden Arbeitereinheiten zu verteidigen.
Die damit erfolgte Blockierung des Durchmarschweges nach Mülheim faßten die Arbeiter als Parteinahme der Sipo zugunsten der Putschisten auf.

Noch am Nachmittag des 18. März setzten in Stoppenberg heftige Kämpfe zwischen der Sipo und der "Roten Ruhrarmee" ein. Gegen Mittag des 19. März hatten die Arbeiter mehrere Essener Vororte und den größten Teil der Innenstadt besetzt, so daß die Sicherheitspolizei den sinnlos gewordenen Kampf gegen die Übermacht der Arbeiter einstellte.
Nur die aus 24 Mann Einwohnerwehr und 22 Mann Sipo bestehende Besatzung dieses Wasserturms ergab sich den Arbeitern nicht. Ein Versuch des Polizeirates Exner, die Besatzung telefonisch zur Aufgabe zu bewegen, scheiterte am Mißtrauen der Turmbesatzung.
Nach Stunden des Wartens zeigte die Parterrebesatzung des Wasserturms gegen 17 Uhr eine weiße Fahne. Die Besatzung des Obergeschosses war teilweise gegen eine Kapitulation, teilweise darüber überhaupt nicht informiert. Als die herannahenden Arbeiter, die das Zeigen der weißen Fahne als Kapitulation der Turmbesatzung deuteten, die Freitreppe des Wasserturms erreicht hatten, wurden sie vom Obergeschoß mit Handgranaten und Maschinengewehrfeuer empfangen. Nach zwei vergeblichen Versuchen gelang den erbitterten Arbeitern schließlich die Erstürmung des Turmes.
Von der Turmbesatzung wurden insgesamt 11 Mann getötet, teilweise während und teilweise nach Beendigung des Kampfes. Zeugen bekundeten aber auch Versuche einzelner Arbeiter, die Gefangenen vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen.
Ein Prozeß, der vom 10. Februar bis zum 11. März 1921 vor dem Schwurgericht Essen gegen 15 Angehörige der ehemaligen "Roten Ruhrarmee", die in die Ereignisse am Wasserturm verwickelt waren, durchgeführt wurde, endete mit dem Freispruch aller Angeklagten.
Der damals amtierende Essener Oberbürgermeister Luther bezeichnete die Geschehnisse am Wasserturm als ein "tragisches Mißverständnis".


Zur Wasserturm-Legende

Die bereits in der Zeit der Weimarer Republik angebrachte Gedenktafel führt alle 40 Toten der Einwohnerwehr und der Sicherheitspolizei auf, die bei den Kämpfen im März 1920 in Essen umkamen, darunter auch die elf Toten der Sipo und der Einwohnerwehr, die bei den Ereignissen am Wasserturm am 19. März 1920 ihr Leben ließen.
Zahl und Namen der am Wasserturm getöteten Arbeiter sind dagegen bis heute unbekannt. Ihre Namen sind auf keiner Gedenktafel festgehalten. Die Tatsache, daß die Tafel mit den Namen der 40 Getöteten an dieser Stelle angebracht wurde, leistete der bis heute gepflegten Legende Vorschub, alle namentlich aufgeführten Personen seien bei den Ereignissen am Wasserturm umgekommen und hier "in geradezu viehischer Weise ermordet" worden (so der Autor Hans Spethmann 1936).
Ziel der Legende vom "roten Terror" war es, die Ziele der aufständischen Arbeiter moralisch und politisch zu diskreditieren und gleichzeitig den "weißen Terror" der Freikorps und Reichswehrtruppen nach Rückeroberung des Ruhrgebietes Anfang April 1920 zu rechtfertigen.

Die "Wasserturm-Legende", die sich bis heute in zahlreichen Publikationen erhalten hat, wurde bereits in den 20er Jahren anläßlich der hier jährlich stattfindenden Erinnerungsfeiern geprägt. Am 19. März 1934 nahm der nationalsozialistische Minister Hermann Göring an der Erinnerungsfeier teil, der - so die Chronik der Stadt Essen 1934 - "an der Ehrentafel am Wasserturm zugleich im Namen des Führers Adolf Hitler Lorbeerkränze niederlegte".

Namen der Gefallenen:

1920

Dienstgrad

Name

Vorname

Bemerkungen

Hilfswachtmeister

BAHN

Staatl. Sicherheitspolizei

Unterwachtmeister

BAHR

Staatl. Sicherheitspolizei

Unterwachtmeister

BEHRENDS

Staatl. Sicherheitspolizei

Unterwachtmeister

BENZEL

Staatl. Sicherheitspolizei

DANNHÄUSER

Heinrich

Essener Einwohnerwehr

DASSEL

Willy

Essener Einwohnerwehr

Unterwachtmeister

DIX

Staatl. Sicherheitspolizei

DOETSCH

Heinrich

Essener Einwohnerwehr

Wachtmeister

DOMKE

Staatl. Sicherheitspolizei

FINSTERBUSCH

Alfred

Essener Einwohnerwehr

HAMMACHER

Wilhelm

Essener Einwohnerwehr

Polizeiwachtmeister

HAMPEL

Staatl. Schutzmannschaft

HEUBACH

Gustav

Essener Einwohnerwehr

JÄPPELT

Alfred

Essener Einwohnerwehr

KESSLER

Philipp

Essener Einwohnerwehr

Hilfswachtmeister

KLEIN

Staatl. Sicherheitspolizei

Unterwachtmeister

KLOSE

Staatl. Sicherheitspolizei

Wachtmeister

KÖHNEMANN

Staatl. Sicherheitspolizei

Wachtmeister

KUTSCHKA

Staatl. Sicherheitspolizei

Hilfswachtmeister

LIEDTKE

Staatl. Sicherheitspolizei

Wachtmeister

LIPKA

Staatl. Sicherheitspolizei

MÜHLENBECK

Heinrich

Essener Einwohnerwehr

Unterwachtmeister

MÜLLER

Staatl. Sicherheitspolizei

NASSAU

Ernst

Essener Einwohnerwehr

OERTEL

Georg

Essener Einwohnerwehr

PAULY

Fritz

Essener Einwohnerwehr

POTTHOFF

Hermann

Essener Einwohnerwehr

Oberwachtmeister

PRINZ

Staatl. Sicherheitspolizei

Wehrmann

RHEIN

Essener Sicherheitswehr

Unterwachtmeister

ROTHER

Staatl. Sicherheitspolizei

RULHOFF

Fritz

Essener Einwohnerwehr

Unterwachtmeister

SCHÄFER

Staatl. Sicherheitspolizei

SCHÖNFELD

Oskar

Essener Einwohnerwehr

SCHRÖDER

Heinrich

Essener Einwohnerwehr

Unterwachtmeister

SCHWANEBECK

Staatl. Sicherheitspolizei

Leutnant

THOLEN

Staatl. Sicherheitspolizei

Unterwachtmeister

THUN

Staatl. Sicherheitspolizei

VOSSWINKEL

Hermann

Essener Einwohnerwehr

Leutnant

WEISSENSTEIN

Staatl. Sicherheitspolizei

WOLTER

Heinrich

Essener Einwohnerwehr

Datum der Abschrift: 18.09.2011

Beitrag von: Martin Fröhlich, www.ehrenmale-kreis-dueren.de
Foto © 2011 Martin Fröhlich

 

Fragen und Kommentare zu dieser Webseite bitte an:  webmaster@denkmalprojekt.org.
Copyright © 2003-2012 Thilo C. Agthe.  All rights reserved. Alle Rechte vorbehalten