Reichsbund jüdischer
Frontsoldaten (RjF):
Obwohl von den ca. 85.000 jüdischen Frontkämpfern
im Ersten Weltkrieg 12.000 den "Heldentod fürs Vaterland"
starben, wurde seit Herbst 1918 von völkischen Gruppierungen
behauptet, aufgrund von "Drückebergerei" und innerer Zersetzung
der Heimat trügen die Juden die Hauptschuld an der deutschen
Niederlage („Dolchstoßlegende“). Der Hauptmann Leo
Löwenstein (1879-1956) gründete im Februar 1919 den "Reichsbund
jüdischer Frontsoldaten" (RjF), in dem das Wirken aller jüdischen
Kriegsteilnehmer Anerkennung fand. Der Reichsbund, der
Mitte der zwanziger Jahre 40.000 Mitglieder umfaßte, machte es
sich zur Aufgabe, über den Einsatz von Juden im Krieg zu
informieren. Mit der verbandseigenen Wochenzeitung "Der Schild"
versuchte der RjF, dem in der Weimarer Republik herrschenden
Antisemitismus entgegenzuwirken. In einigen Städten des
Deutschen Reichs aktivierte der RjF Selbstschutzeinheiten, um die
jüdische Bevölkerung vor antisemitischen Übergriffen schützen zu
können. Vereinzelt kam es dabei zu Kooperationen mit dem
"Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold".
Der RjF betonte die Soldatenehre und
vertrat ein ausgesprochen deutsch-nationales Judentum.
Ideologisch stand er dem "Central-Verein deutscher Staatsbürger
jüdischen Glaubens" nahe, der den Zionismus ablehnte und sich zur
deutschen Nation bekannte. Für den RjF war es daher
zutiefst schockierend, als deutsche Juden unmittelbar nach der
Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 für wehrunwürdig
erklärt wurde. Ab 1936 durfte sich der RjF auch politisch
nicht mehr betätigen, sondern mußte sich auf die Betreuung
jüdischer Kriegsopfer beschränken. Als der RjF 1938
aufgelöst wurde, war bereits ein Großteil seiner Mitglieder aus
Deutschland emigriert.
Datum der Abschrift: Mai/Juni
1983
Beitrag von: Ernst Lustig (Gleiwitz
1921 – Wolfenbüttel 1999)
(revidiert im September 2003 von Roger Lustig)
Fotos © Roger Lustig